Linux-PC im Selbstbau 2008


Inhalt
    1. Vorwort
    2. Grundgedanken
        2.1. Rückblick
        2.2. Anforderungen
        2.3. Komplettsystem...
        2.4. ...oder Thin Client
    3. Hardware-Auswahl
        3.1. CPU
        3.2. Grafikkarte
        3.3. Mainboard
        3.4. RAM
        3.5. Festplatte
        3.6. Netzteil
    4. Aufbau des Systems
        4.1. Stückliste
        4.2. Zusammenbau
        4.3. Kostenbilanz
    5. Partitionierung und Installation
    6. Software
        6.1. Virtuelle Maschinen
        6.2. OpenOffice.org
        6.3. Java
        6.4. Flash-Plugin
        6.5. Google Earth
        6.6. Firefox
        6.7. Grafiktreiber
    7. Fazit
    8. Referenzen

1. Vorwort

Meinen derzeitigen Desktop-Rechner baute ich im Spätjahr 2002 zusammen, vor mehr als fünf Jahren also. Nach fünf Jahren kann man im Durchschnitt die Lebenszeit eines Desktop-Rechners als abgelaufen ansehen. Der Abschreibungszeitraum ist vorüber, der Buchwert des Systems also Null. Neue interessante Technologien wurden verfügbar, so dass man sich immer mehr nach einem neuen Rechner sehnt, um diese auch einsetzen zu können.

Es ist zwar nicht so, dass das alte System schon unbrauchbar wäre. Selbst eine Aufrüstung wäre teilweise noch möglich. Andererseits wird immer neue ressourcenfressende Software installiert, bis der Rechner zu lange Antwortzeiten zeigt, um noch optimal arbeiten zu können. Ein neues System ist also fällig!

2. Grundgedanken

Die erste Frage, die man sich stellen muss, ist natürlich: Was soll das System können? In meinem Fall Browsen im Web (was mehr Ressourcen verschlingt, als rational verständlich ist), Softwareentwicklung, Webserver, Datenbank (mindestens MySQL) und Virtualisierung. Letzteres funktioniert mittlerweile am besten mit KVM, was einen 64-Bit-Prozessor mit Hardware-Unterstützung für Virtualisierung voraussetzt. Doch man müsste sich mittlerweile ziemlich anstrengen, um einen 32-Bit-Prozessor zu finden. Audio, Gigabit-LAN und 3D-Beschleunigung sind fast schon selbstverständlich.

2.1. Rückblick

Um zu sehen, zu welchen Anforderungen dies führt, blicke ich kurz zurück auf meinen selbst gebauten PC von 2002. Diesen musste ich so oft umbauen, dass außer dem Board und einem Prozessor am Ende nichts mehr original war. Das hatte hauptsächlich zwei Gründe: Instabilität aufgrund von zu schwacher Kühlung und steigende Anforderungen.

Die ursprünglichen 512 MB RAM sollten zumindest für eine virtuelle Maschine reichen, dachte ich. Doch dann traten Qemu, Parallels und VirtualBox auf den Plan. Große Programme wie Konqueror, Firefox und OpenOffice, die ich oft gleichzeitig geöffnet hatte, machten ein Upgrade auf 1 GB sinnvoll. Noch 2008 fügte ich aufgrund der gesunkenen RAM-Preise nochmals 1 GB hinzu, was aber nur geringe Verbesserungen brachte.

Die ursprüngliche Festplatte von 40 GB fiel bald aus und wurde durch eine mit 120 GB ersetzt, da schon nach wenigen Monaten abzusehen war, dass 40 GB unterdimensioniert waren. Außerdem kosteten die 120 GB nicht mehr so viel mehr. Nach ein paar Jahren stellte ich fest, dass alle Partitionen überzulaufen drohten, und ersetzte die Festplatte durch eine mit 250 GB. Nach drei oder vier Jahren fiel eine CPU aus. Passenden Ersatz konnte ich nicht finden, so dass ich mit einer CPU weitermachte. Die originalen CPU-Lüfter hatte ich aufgrund ihrer Lautstärke durch Arctic-Lüfter ersetzt. Doch sowohl diese als auch die originalen stellten sich als zu schwach heraus, um die CPUs richtig zu kühlen. Nach Jahren der Instabilität kam ich endlich auf die Idee, bessere CPU-Lüfter zu beschaffen, und plötzlich waren alle Probleme weg.

Die Grafikkarte war am Anfang eine ATI mit Radeon 9000. Mit dem proprietären Treiber war ich so unzufrieden, dass ich schließlich eine etwa gleich schnelle Karte mit Nvidia GeForce 5800 anschaffte. Beide Karten waren lüfterlos. Auch der proprietäre Nvidia-Treiber war ein permanentes Ärgernis. Unter anderem verhinderte er meist, dass ich den aktuellsten Kernel einsetzen konnte. Doch mit dem freien Nvidia-Treiber hätte ich nicht nur auf 3D-Beschleunigung verzichten müssen, sondern auch auf die höchste Bildschirmauflösung. 2008 wechselte ich aber wieder zur ATI-Karte zurück, denn diese wird vom freien Treiber mittlerweile gut unterstützt und funktionierte nach einer kleinen Anpassung der Konfigurationsdatei einwandfrei.

Das Board Tyan Tiger 2460 war ein Fehlkauf, denn es beruhte auf dem Chipsatz AMD 760 MP, der bereits veraltet war und kein USB 2.0 unterstützte. Ich hätte den Nachfolger Tiger 2466 nehmen sollen. So musste ich eine Zusatzkarte mit USB 2.0 und Firewire einbauen. Ausgetauscht habe ich auch das Gehäuse und das Netzteil aufgrund der Wärmeprobleme. Auch die Netzwerkkarte wechselte ich mehrmals. Der letzte Wechsel erfolgte, um auf Gigabit-Ethernet aufzurüsten.

2.2. Anforderungen

Aus den Erfahrungen der letzten Jahre resultierten für mich folgende Anforderungen, die ich im nächsten Kapitel noch genauer eingrenze. Die CPU sollte zwei oder vier Kerne haben, um ordentlich Leistung zu liefern. Ein echtes SMP-System mit zwei CPU-Sockeln hätte die Kosten in die Höhe getrieben, und ich erachtete das nicht mehr als nötig. Das RAM sollte mindestens 4 GB groß sein, die Festplatte aus Gründen der Datensicherheit doppelt vorhanden sein (RAID 1) und mindestens 500 GB groß. Die Grafikkarte sollte von ATI kommen, da es für diese freie Treiber gibt oder in absehbarer Zeit geben wird. Dies könnte bei Nvidia-Karten mit dem Nouveau-Treiber auch bald der Fall sein, aber warum sollte man Nvidia für die Nichtunterstützung von Open Source belohnen? Für mich ist diese Firma weitgehend gestorben. Ansonsten stelle ich keine besonderen Anforderungen an die Karte, sie muss nicht besonders schnell sein, und das Problem der schlechten VGA-Signalqualität vieler Karten kann ignoriert werden, wenn man DVI nutzt.

Das Board sollte ECC-Speicher unterstützen. Warum ECC? Es ist bekannt, dass sowohl Strahlung aus den Chips selbst als auch aus dem All zu Datenkorruption führen können. Ohne ECC können korrupte Daten nicht einmal erkannt werden. Die Strahlung der Chips selbst wurde zwar im Lauf der Jahre minimiert, die Strahlung aus dem All dagegen kann man nicht reduzieren. Zwar ist es nach wie vor umstritten, wie bedeutend ihre Auswirkungen sind, aber Prof. D.J. Bernstein empfiehlt ECC, und der ist nicht ganz ahnungslos. Aus diesem Plädoyer für ECC geht hervor, dass RAM-Fehler zu korrupten Daten auf der Festplatte führen können. Jeder, der Interesse hat, dass seine Daten längerfristig unversehrt auf der Festplatte lagern, kommt um ECC nicht herum. Dies wird auch von wissenschaftlichen Arbeiten in einer Ausgabe des IBM Journal untermauert.

Nebenbei sollte der neue Rechner auch möglichst stromsparend sein. Zu hohe Verlustleistungen der CPUs waren schon vor sechs Jahren ein Ärgernis. Heute tut sich in Sachen Energieeffizienz eine Menge, aber man muss explizit danach suchen. Die Forderung nach wenig Stromverbrauch ist nicht leicht mit dem Ziel in Einklang zu bringen, möglichst hohe Leistung zu erzielen. In bestimmten Punkten muss man sich zu einem Kompromiss durchringen.

2.3. Komplettsystem...

Die nächste Frage, die man sich stellen muss, ist, ob man ein Komplettsystem kauft oder den Rechner selbst baut. Der Titel des Artikels gibt schon einen Hinweis, wofür ich mich entschieden habe (oder entscheiden musste). Nachdem ich mich bei der CPU weitgehend für den AMD Phenom entschieden hatte, musste ich feststellen, dass erst wenige Händler gibt, die Rechner mit Phenom anbieten. Nischenanbieter, auch (oft zu Recht) Kistenschieber genannt, kamen für mich nicht in Frage. Die wenigen angebotenen Systeme fielen für mich in die Kategorie Ahnungslose-Spieler-Abzocke: Überteuerte Grafikkarte, Windows zwangsweise (für mich unakzeptabel) und natürlich kein ECC-RAM.

Das Selbstbauen bietet daher einige Vorteile: Man kann das System so auslegen, wie man es will, zahlt nicht die Microsoft-Steuer und kann ausschließlich Komponenten einsetzen, die mit Linux 100% funktioneren.

Wenn man sowieso immer relativ gut über die aktuelle Entwicklung bei der Hardware informiert ist, ist das alles machbar. Allerdings kostet es trotzdem Zeit. Die Recherchen, bevor ich mich für bestimmte Komponenten entschied, verschlangen einige Stunden. Jede Menge Produkte mussten verglichen werden, um diejenigen zu finden, die die Anforderungen erfüllen, und unter diesen möglichst das beste auszuwählen.

2.4. ...oder Thin Client

Theoretisch hätte ich auf meinen Servern genug CPU-Leistung, um ganz von einem fetten Client wegzugehen. Ein fertig gekaufter Thin Client wäre sicher schnell installiert und nicht teuer, auch ein Selbstbau wäre möglich.

Doch die lokale Rechenleistung war mir im Endeffekt doch wichtiger, und eine lokale Festplatte für VM-Images und andere weniger wichtige Daten dürfte letztlich immer noch ein schnelleres Arbeiten ermöglichen als ein Thin Client.

3. Hardware-Auswahl

Eine wichtige Maßgabe war für mich zusätzlich zu den oben genannten Forderungen, dass das optimale Ausnutzen der Hardware keine proprietären Treiber erfordern durfte. In dieser Hinsicht wollte ich dieses Mal keinen Kompromiss mehr akzeptieren.

3.1. CPU

Bei der CPU kommen aus Preisgründen nur AMD oder Intel in Frage. Der Preis war meiner Meinung nach bei AMD schon immer ein wenig besser als bei Intel, ebenso die Stromaufnahme im Ruhezustand. Für Intel würde die theoretisch etwas höhere Geschwindigkeit und der größere Cache sprechen. Intel-CPUs haben bis zu 6 MB Cache, doch haben sie diese Größe offenbar auch nötig, um optimale Leistung zu erzielen. Im Ganzzahl-Bereich ist Intel aktuell zwar schneller, im Gleitkomma-Bereich ist AMD jedoch vorn. Anders gesagt erzielt AMD mit kleineren Caches eine vergleichbare Leistung.

Ein kleiner Vergleich der Leistungsaufnahme eines Gesamtsystems zeigt, womit man etwa rechnen muss: Athlon BE 114 Watt, Athlon 64 X2 140 Watt, AMD Phenom 183 Watt. Ein Intel Core 2 Duo benötigt ab 132 Watt aufwärts je nach Typ. Dabei ist auch der Athlon BE ein Dual-Core-Prozessor, aber mit weniger Verbrauch.

Die obigen Zahlen beziehen sich auf Vollast. Im Ruhezustand zieht selbst ein AMD Phenom vergleichweise wenig Strom, so dass ich mich letztlich für den Phenom mit vier Kernen entschied. Bei diesem gibt es Typen, die 125 Watt maximal benötigen, aber teilweise auch solche mit nur 95 Watt bei gleicher Geschwindigkeit. Daher fiel meine Wahl auf den AMD Phenom X4 9750 mit 2,4 GHz Takt, 2 MB Cache und 95 Watt.

3.2. Grafikkarte

Die Wahl der Grafikkarte hat Einfluss auf die Auswahl des Boards, denn man könnte ja auf die Grafikkarte verzichten und eine Onboard-Grafik verwenden. Das geht allerdings nur, wenn man mit geringer Grafikleistung auskommt.

Nun benötige ich zwar keine besondere Grafikleistung, aber eine Onboard-Grafikkarte ist nicht nur langsamer als die langsamste externe Karte, sondern benutzt meist auch noch den Hauptspeicher des Systems mit, so dass durch den konkurrierenden Zugriff das ganze System ausgebremst wird. Ich schloss daher Onboard-Grafik für mich aus. Passiv gekühlte PCIe-Karten gibt es bereits ab 25 Euro, diese machen keinen Lärm und bieten für mich ausreichende Leistung.

Beim Chipsatz hat man im Prinzip nur noch ATI und Nvidia zur Auswahl. In beiden Fällen kann man damit rechnen, dass die erhältlichen proprietären Treiber funktionieren, doch proprietäre Treiber hatte ich im Vorfeld schon ausgeschlossen. Für ATI gibt es bereits funktionierende freie Treiber, für Nvidia ist ungewiss, ob der Nouveau-Treiber bereits funktioniert.

Ein weiterer Aspekt ist der Energieverbrauch. Laut einer Messung von Computerbase gehört der ATI HD3850 zu den energieeffizientesten aktuellen Grafikchips, lediglich ältere und deutlich langsamere Chips liegen darunter. GeForce 8 dagegen kommt nicht in Betracht, weil diesen Chips jegliche Stromsparfunktion fehlt. Zudem sehe ich keinen Grund, Nvidia für das Nichtunterstützen von freier Software zu belohnen, somit kam nur noch ein Radeon-Chip in Frage. Da Karten mit dem Radeon HD 2400 PRO passiv gekühlt sind und maximal 25 Watt schlucken, entschied ich mich schließlich für eine solche Karte von ASUS. Im Prinzip ist das die Low-End-Variante der vorletzten Grafikchip-Generation, aber selbst diese ist noch deutlich schneller als meine derzeitige AGP-Karte mit Radeon 9000.

3.3. Mainboard

War es eine gute Idee, seinerzeit ein SMP-Board zu verwenden? Ich glaube schon, denn es sorgte für Redundanz bei den Prozessoren. Wenn in einem normalen Board die CPU ausfällt, ist das ein Totalausfall, der Rechner ist unbenutzbar, bis Ersatz herangeschafft ist. Als auf meinem Board eine CPU ausfiel, konnte ich - mit verminderter Leistung - weiterarbeiten.

Leider gibt es kein SMP-Board für Athlon-64-CPUs. Man müsste zu Opteron-Prozessoren greifen, für die es Boards mit 2, 4 oder noch mehr Sockeln gibt. Doch die Opterons sind für Normalanwender zu teuer und auch die Boards kosten selten unter 250 Euro.

Weiter oben schrieb ich, dass sämtliche Komponenten mti freier Software laufen sollten. Das sollte dieses Mal endlich auch für das BIOS gelten, ein lächerliches Relikt aus 8-Bit-Tagen, für das mit Coreboot (ehemals LinuxBIOS) ein weitaus besserer Ersatz bereitsteht. Leider unterstützt kaum ein Hersteller das Projekt, und so gibt es kein AMD64-Board, das eine brauchbare Unterstützung für Coreboot aufweist. Das ist ein massives Ärgernis, aber derzeit nicht zu ändern.

Bei den Mainboards, die für Endanwender angeboten werden, kann man sämtliche Billiganbieter getrost ignorieren. Nicht nur, dass hier die Faustregel gilt, dass billig mit Schrott gleichzusetzen ist, sondern diese Boards bieten im BIOS grundsätzlich keine Option für ECC-RAM, obwohl praktisch allle heutigen Chipsätze damit umgehen können. So reduziert sich die Wahl schnell auf zwei Anbieter: ASUS und Gigabyte.

Von Gigabyte gibt es das GA-MA770-S3, das einen AMD-Chipsatz und einen Gbit-Netzwerkchip von Realtek enthält und bis zu 16 GB RAM unterstützt. Das ASUS M3N78-EMH arbeitet mit einem Nvidia-Chipsatz, der ebenfalls Gbit-Ethernet bietet und 8 GB RAM unterstützt. Sound, SATA-RAID, USB 2.0 und Firewire bieten beide.

Obwohl ich von ASUS eigentlich mehr halte, nahm ich dieses Mal das Gigabyte wegen der Option auf 16 GB RAM.

3.4. RAM

Ich entschied mich für 4 GB ECC-RAM, das für dieses Board ungepuffert sein muss. Es sind zwei Riegel zu 2 GB notwendig. Wer stattdessen 4x1 GB nimmt, hat keinen Platz mehr für Aufrüstung. ECC-RAM ist eigentlich immer Marken-RAM, was auf jeden Fall zu bevorzugen ist. Trotzdem stellt das RAM mittlerweile keinen nennenswerten Kostenfaktor mehr dar.

3.5. Festplatte

Auf meinem bisherigen Rechner lagen bis zu 100 GB Daten, die nicht oder nur unregelmäßig gesichert wurden. Obwohl diese Daten nicht so wichtig sind, wäre ihr Verlust auch ein Verlust von Arbeit und Zeit. Mit dem neuen Rechner wollte ich diese Gefahr ausschalten und daher ein RAID 1 nutzen, also zwei identische Festplatten einbauen. RAID 1 macht auch den Zugriff beim Lesen schneller, allerdings nur, wenn mehrere Prozesse zugreifen. Leider bedeuten zwei Platten aber auch mehr Stromverbrauch, mehr Wärme und mehr Geräusche. Dem kann man entgegenwirken, indem man besonders leise und sparsame Platten nimmt.

Dafür bieten sich momentan die »Green Power«-Laufwerke von Western Digital an, die mit nur 5400 U/min rotieren und daher etwas langsamer sind, aber maximal 8 Watt benötigen. Momentan gibt es wenig Alternativen, aber die Konkurrenz wird da sicher bald nachziehen.

3.6. Netzteil

Beim Netzteil sollte man auf möglichst hohe Effizienz achten, denn das schlägt sich direkt auf den Geldbeutel nieder. Außerdem ist ein großer und äußerst ruhiger Lüfter wichtig. Allerdings war ich zunächst unsicher, wieviel Leistung ich brauchen würde. Also machte ich erst einmal eine Messung mit einem anderen Netzteil, die 220 Watt bei Vollast ergab. Davon können durchaus 50-60 Watt auf das Netzteil entfallen, das diese Leistung sinnlos in die Luft bläst.

Man bekommt heute kaum noch ein Netzteil unter 350 Watt. Da aber ein effizientes Netzteil über einen weiten Lastbereich effizient arbeitet, suchte ich mir das Enermax PRO82+ mit 425 Watt aus. Es ist gut ausgestattet und hat wohl ausreichende Reserven. Es besitzt kein Kabelmanagement (Entfernen von nicht benötigten Kabeln), aber Kabelmanagement scheint nicht ganz unumstritten zu sein. Es bedeutet mehr Steckkontakte im Stromweg und damit eine mögliche Fehlerquelle mehr sowie einen geringfügig höheren Verbrauch.

4. Aufbau des Systems

4.1. Stückliste

Die genaue Stückliste des neuen Rechners war letztlich wie folgt:

4.2. Zusammenbau

Am 16. Juli begann der Aufbau. Zunächst informierte ich mich auf der Homepage von Gigabyte, welches die aktuelle Version des BIOS ist. Es stellte sich heraus, dass die aktuelle Version F6 drei Wochen zuvor erschienen war.

Das BIOS war in einer Datei motherboard_bios_ga-ma770-ds3_f6.exe untergebracht, die sich als RAR-Archiv herausstellte. Mit unrar können die Dateien auch unter Linux entpackt werden. Schreibt man die entpackten Dateien auf einen USB-Stick und drückt beim Booten des Systems END, so kann man mit dem QFlash-Feature des Motherboards das System problemlos flashen. Das ist einmal ein angenehmer Fortschritt gegenüber der DOS-Bootdiskette. Man muss nur wissen, dass der Stick im BIOS als »Disk« erscheint, während die (noch unformatierten) Festplatten gar nicht auftauchen.

Die Montage war recht einfach, wobei die Frontpanel-Stecker des Gehäuses die meiste Arbeit machten. Statt all die winzigen Stecker in einem Block zusammenzufassen, ließ ASUS sie einzeln, so dass man alle einzeln in den richtigen Steckkontakt bugsieren muss. Ohne Handbuch ist das aussichtslos.

Während die Seiten des Gehäuses leicht abnehmbar sind (vier große, mit den Fingern drehbare Schrauben), ist es mit den Blechabdeckungen an der Front und den Slotblechen weniger angenehm. Diese muss man unter ziemlicher Anstrengung herausbrechen. Die Montage des Boards, der CPU und des RAMs war problemlos, danach schraubte ich noch das DVD-Laufwerk und die Festplatten ein. Der Testbetrieb konnte beginnen.

Die beiden mitgelieferten Gehäuselüfter waren extrem laut. Ich ersetzte sie durch zwei Arctic Pro TC, die lediglich 2,50 Euro pro Stück kosten und nur aus nächster Nähe zu hören sind.

Der von AMD mitgelieferte CPU-Kühler ist nur mit einem 60-mm-Lüfter ausgestattet und ist bei leichter Last noch unhörbar, macht aber unter Vollast einen Heidenlärm. Damit hatte ich nicht gerechnet, denn die mit dem Athlon BE2350 gelieferten Lüfter waren schön leise. Wenn ich sage, er machte einen Heidenlärm, dann mag das etwas übertrieben sein. Er konnte jedoch mit den lautesten Lüftern und Festplatten im Raum mithalten, was mir zuviel war, um dauerhaft damit zu arbeiten. Eine Überprüfung mit den LM-Sensors-Treibern ergab, dass der Lüfter unter Vollast mit 5500 Umdrehungen rotiert, im Leerlauf mit 3300.

Als Konsequenz orderte ich einen CPU-Lüfter HXLM21 CooMas HyperTX 2, der zu den günstigeren derzeit erhältlichen gehört. Mit 1900 Umdrehungen und 22 dB ist er nominell etwas lauter als superleise Lüfter, in der Praxis aber trotzdem fast nicht zu hören. Es besteht also keine Notwendigkeit, zu noch leiseren und evtl. dreimal so teuren Lüftern zu greifen.

4.3. Kostenbilanz

Der neue PC kostete 777 Euro. Kosten für Tastatur, Maus und Monitor fielen nicht an, weil ich ihn an meine vorhandenen Geräte anschloss. Unter Umständen benötigt man zusätzliche Strom- und Datenkabel für SATA, die hier nicht aufgeführt sind. Die Kosten schlüsseln sich wie folgt auf:

Posten Preis
AMD Phenom X4 9750 2,4 GHz 165,90
ASUS TA-881 - Mid Tower Schwarz/Silber 30,70
Gigabyte GA-MA770-DS3 - Motherboard 69,70
LG GDR H20N - Laufwerk - DVD-ROM - 16x - S-ATA 14,20
Kingston ValueRAM 4 GB (2 x 2 GB) DDR2 95,10
Festplatte WD RE2-GP WD7500AYPS 750 GB 146,20
Festplatte WD RE2-GP WD7500AYPS 750 GB 146,20
Netzteil Enermax PRO82+ 425 Watt 64,00
Grafikkarte EAH2400PRO MAGIC/HTP/256M (ATI Radeon HD2400 PRO) 22,90
Gehäuselüfter Arctic Pro TC (80x25x80 mm) 2,50
Gehäuselüfter Arctic Pro TC (80x25x80 mm) 2,50
CPU-Lüfter HXLM21 CooMas HyperTX 2 16,90
Summe 776,80

Preisbewusste können alleine an den Festplatten schon bis zu 260 Euro einsparen, indem sie auf RAID und Stromsparen verzichten und sich auf 250 oder 500 GB Kapazität beschränken.

5. Partitionierung und Installation

Die Software auf dem neuen Rechner sollte komplett mit 64 Bit laufen. Das schloss ein Klonen des alten Systems aus. Da ich keine Zeit für den Test anderer Distributionen hatte, installierte ich wieder Debian Testing von einer Netzinstallations-CD. Legt man vor der Installation ein RAID über das BIOS an, dann wird dies vom Debian-Installer nicht erkannt und die Installation gibt nicht das gewünschte Resultat. Das war zu erwarten, da es sich bei diesen Billig-RAID-Chips nicht um echtes Hardware-RAID handelt. Es musste also ein Linux-Software-RAID her, das sich mit dem Installer problemlos einrichten lässt.

In bewährter Manier legte ich an den Anfang der beiden Platten eine 200 MB große primäre Partition für /boot und eine weitere primäre Partition für den Rest. Die beiden großen Partitionen werden mit RAID 1 zu /dev/md0 zusammengefasst. Auf diesem Gerät legte ich mit LVM Partitionen für das Root-Dateisystem (1 GB), /usr (8 GB), Swap (5 GB) und /var (Rest) an. Als Dateisystem für /boot dient ext2, für die anderen Partitionen xfs. /home wird über NFS gemountet. Da die Root-Partition nicht groß ist, sollte man /tmp zu einem Symlink auf /var/tmp machen.

Hält man beim Anlegen der LVM-Partitionen einigen Platz als Reserve zurück, kann man später bei Bedarf die Dateisysteme /, /usr und /var im laufenden Betrieb vergrößern. Ich empfehle sogar, die Partitionen anfänglich nicht größer zu machen als nötig.

Eine simple Messung bestätigt, dass auch unter RAID und LVM die Festplattengeschwindigkeit gut ist, wenn auch aufgrund der niedrigeren Drehzahl der Festplatten keine Rekordwerte erreicht werden:

hdparm -tT /dev/md0

/dev/md0:
 Timing cached reads:   3792 MB in  2.02 seconds = 1881.73 MB/sec
 Timing buffered disk reads:  206 MB in  3.03 seconds =  67.95 MB/sec

6. Software

In diesem Kapitel beschreibe ich die wichtigsten Programme, die meines Wissens bzw. nach meinen Erfahrungen unter 64-Bit-Systemen Probleme bereiten können.

6.1. Virtuelle Maschinen

Vorhandene virtuelle Maschinen (32 Bit) für Qemu, KVM und VirtualBox laufen problemlos. 64-Bit-Gastsysteme lassen sich mit Qemu und KVM problemlos einrichten. Mit VirtualBox sollte das ab Version 2.0 funktionieren.

6.2. OpenOffice.org

OpenOffice.org liegt inzwischen als 64-Bit-Version vor; keine Probleme an dieser Stelle.

6.3. Java

Sowohl Sun Java als auch OpenJDK gibt es in 64-Bit-Versionen, also auch hier keine Probleme.

6.4. Flash-Plugin

Auf das proprietäre Flash-Plugin von Adobe, das nach wie vor nicht als 64-Bit-Version vorliegt, kann ich verzichten, die freien Alternativen funktionieren ausreichend gut. Es gibt allerdings Webseiten, mit denen sie noch nicht funktionieren.

6.5. Google Earth

Google Earth liegt nur in 32 Bit vor. Auf Multiarch-Systemen würden vermutlich alle benötigten Bibliotheken direkt zur Verfügung stehen. Debian ist noch kein Multiarch-System. Es gibt aber verschiedene andere Methoden, das Programm zum Laufen zu bekommen. Die wohl einfachste ist die Installation des Pakets ia32-libs. Danach läuft die Erde problemlos.

6.6. Firefox

Offiziell gibt es noch keine 64-Bit-Version von Firefox. Die 32-Bit-Version läuft einwandfrei, ggf. nach der Installation des Pakets ia32-libs wie bei Google Earth. Die von Debian mitgelieferte Variante Iceweasel dagegen ist 64-bittig, und alle Plugins funktionieren.

6.7. Grafiktreiber

Für den Chip Radeon HD2400 PRO kann man sowohl den Radeon- als auch den RadeonHD-Treiber von X.org verwenden. Beide reichen aus für die tägliche Arbeit. Beide bieten jedoch noch keine 3D-Unterstützung und können sogar abstürzen, wenn man es aktiviert.

Bis die 3D-Unterstützung brauchbar ist, werden noch einige Monate vergehen. Die Entwicklung benötigt nun einmal Zeit. In der Zwischenzeit nutze ich daher entgegen meiner ursprünglichen Absicht doch den proprietären Treiber.

7. Fazit

PCs werden immer leistungsfähiger und preiswerter. Der neue PC ist mindestens viermal so schnell wie der alte, unterstützt Virtualisierung in der Hardware, hat die achtfache Speicher- und die 19-fache Festplattenkapazitiät und war dennoch, die Umbauten mitgerechnet, nur halb so teuer.

Um unangenehme Überraschungen mit der Kompatibilität zu vermeiden, sollte man sich mit der Hardware gut auskennen und gut recherchieren oder Fachhändler zu Rate ziehen. In einigen Punkten habe ich zugegebenermaßen gepatzt. So stellte sich heraus, dass das LG-DVD-Laufwerk keinen Audio-Ausgang besitzt. Das Gehäuse von ASUS ist absolut nicht zu empfehlen: Die extrem lauten Lüfter, der schlecht gelöste Frontpanel-Anschluss und die schlechte Ausstattung machten es zu einer schlechten Wahl. Da habe ich früher für den gleichen Preis schon wirklich gute Gehäuse gehabt, allerdings findet man sie nicht überall. Auch das Board kann man nur eingeschränkt empfehlen. Ich denke, dass das ASUS-Board bei gleichem Preis die bessere Ausstattung bietet.

Probleme mit 64-Bit-Software gibt es aus meiner Sicht nicht, von Flash abgesehen. Das Adobe-Flash-Plugin scheint im Firefox/Iceweasel zu laufen, vielleicht gibt es da eine 32-Bit-Kompatibilitätsschicht. Daneben stehen natürlich die beiden freien Flash-Implementierungen Gnash und SwfPlayer zur Verfügung.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem System. Es konnte bisher noch nicht zum Absturz gebracht werden und ist selbst unter Vollast sehr leise. Wenn es der einzige Rechner im Raum wäre, könnte man ein leises Rauschen vernehmen, momentan geht es aber im Geräuschpegel der anderen Rechner unter.

8. Referenzen

Linux Athlon SMP-Rechner selbst gebaut: http://www.pro-linux.de/t_hardware/athlon-smp-selbstbau.html
Standard-Workstation nach Anleitung von D.J. Bernstein: http://cr.yp.to/hardware/build-20071203.html
Leistungsaufnahme von Rechnern mit verschiedenen Grafikkarten: http://www.computerbase.de/artikel/hardware/grafikkarten/2007/test_ati_radeon_hd_3850_rv670/26
Virtueller hochverfügbarer Linux-Server: http://www.pro-linux.de/work/virtual-ha/index.html

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Erstellt von hjb
Letzte Änderung 2008-09-19